22. Mai 2021 I Kategorie: FamilienrechtBrauchen Selbständige während der Corona-Krise keinen Unterhalt zahlen?
Bestimmte Branchen, wie etwa die Gastronomie, haben während der Corona-Krise besonders gelitten. Beschäftige in diesen Wirtschaftszweigen verdienten wenig oder gar kein Geld. “Wer ein Kind hat und während des Lockdowns über kein Einkommen verfügte, braucht unter Umständen vorläufig keinen Unterhalt zu zahlen” , sagt der Augsburger Rechtsanwalt für Familienrecht Stefan Haschka. Das ergebe sich aus einem Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 8. Dezember 2020 (AZ: 13 F 668/18).
Der Fachanwalt für Familienrecht schildert den Fall eines selbständigen Cateringunternehmers: “Die Ehefrau des Mannes lebte von ihm getrennt und war nicht berufstätig. Seit Oktober 2018 war der Gastronom zur Zahlung einer Trennungsunterhaltsrente in Höhe von rund 1.050 Euro monatlich verpflichtet gewesen.” Beim Amtsgericht habe der 60-Jährige dann eine Aussetzung der Zahlungsverpflichtung ab dem 1. September 2020 beantragt. “Er begründete diese mit den coronabedingten Einschränkungen, durch die sein Geschäft seit März 2020 komplett eingebrochen sei”, sagt der Augsburger Fachanwalt für Familienrecht. Der Gastronom habe einen Verlust von insgesamt rund 24.400 Euro angegeben. Seine Ersparnisse seien aufgebraucht gewesen. “Den Wechsel in einen sozialversicherten Job hielt er aufgrund seines fortgeschrittenen Alters für unmöglich”, so Haschka.
Die Ehefrau argumentierte vor Gericht, dass sich das Einkommen ihres Gatten nicht aus einer Halbjahresabrechnung, sondern aus dem Durchschnitt aus mindestens drei Jahren seiner beruflichen Tätigkeit ergebe. Sie bestritt darüber hinaus, dass ihr Mann irgendwelche Auftragsausfälle wegen der Pandemie habe.
Wie Stefan Haschka, der auch Fachanwalt für Familienrecht ist, erklärt, muss der Mann jedoch vorläufig nicht zahlen.
Das Gericht, so der Rechtsanwalt aus Augsburg, halte den Gastronom für zurzeit unfähig, den Trennungsunterhalt aufzubringen. Die aktuelle Leistungsunfähigkeit des Gastronomen ergebe sich aus seinen vorläufigen Betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA). Die BWA hatte der 60-Jährige vorgelegt. Das Gericht befand, dass nur kurzfristige, vorhersehbare Minderungen der Leistungsfähigkeit, für deren Dauer auch Vorsorge getroffen werden könne, für die Unterhaltszahlungen unerheblich seien. Davon könne aber bei einer Pandemie und speziell in der Corona-Krise bezüglich der Gastronomie keine Rede sein. Die Gastronomiebranche, so die Urteilsbegründung, liege besonders im Bereich des Caterings und der Großveranstaltungen brach.