24. Februar 2019  I  Kategorie: Konflikt des Sorgerechtsentzugs mit Elterngrundrecht aus Art. 6 II 1 GG

BVerfG Kammerbeschluss vom 13.07.2017 – 1 BvR 1202/17

Das Grundrecht aus Art. 6 II 1 GG ist verletzt, wenn hinreichende Feststellungen zum Vorliegen einer nachhaltigen Kindeswohlgefährdung fehlen und sich der vollständige Entzug der elterlichen Sorge als unverhältnismäßig erweist.

Für die Beurteilung der Gefährdung ist eine am Kindeswohl orientierte effektive Amtsermittlung erforderlich, welche den Gerichten nach § 26 FamFG obliegt und auch im Eilverfahren gemäß § 51 II FamFG stattzufinden hat. Der Umfang dieser Sachverhaltsermittlung richtet sich nach der Höhe, der zeitlichen Ferne und der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts.

Im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ist einerseits das Recht des Kindes (Art. 2 II iVm Art. 6 II 2 GG), durch die staatliche Gemeinschaft vor nachhaltigen Gefahren geschützt zu werden, und andererseits das Recht der Eltern (Art. 6 II 1 GG), vor einem unberechtigten Sorgerechtsentzug verschont zu bleiben, zu berücksichtigen. In Schriftsätzen ist daher auf die von den Eltern oder Elternteilen vertretenen Standpunkte hinsichtlich der Inanspruchnahme von Hilfeleistungen und dem Verbleib des Kindes in einer Pflegestelle hinzuweisen.