20. Februar 2022  I  Kategorie: Tren­nungs­jahr kann auch in Haft erfolgen

Stefan Haschka, Fachanwalt für Familienrecht in Augsburg informiert: Auch wenn das Trennungsjahr in Haft erfolgt, ist eine Scheidung möglich.

Im Detail: Auch wenn einer der beiden Ehepartner (oder beide) sich in Haft befindet, kann das Trennungsjahr beginnen, das für die Scheidung erforderlich ist. Das entschied das pfälzische Oberlandesgericht (OLG) in Zweibrücken mit seinem Beschluss vom 21.04.2021 unter dem Az. 2 UF 159/20. Nach Ansicht des OLG komme es lediglich auf die Erkennbarkeit des Scheidungswillens an. Der Zeitpunkt des Beginns des Trennungsjahres sei dann derjenige Zeitpunkt, zu dem der Trennungswille eines Ehegatten für den anderen Ehepartner erkennbar geworden ist.

Der konkrete Sachverhalt: Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres

In dem konkret vor dem OLG verhandelten Fall hatte das scheidungswillige Ehepaar sich im Jahre 2002 das Ja-Wort gegeben. Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Ehemann über keine abgeschlossene Ausbildung und war seit mehreren Jahren drogenabhängig. Hin und wieder übte er kleinere Nebenjobs aus, die er nach einem kurzen Zeitraum wieder aufgab. Währenddessen war die Ehefrau über den gesamten Zeitraum der Ehe berufstätig gewesen. Der Ehemann saß im Jahr 2020 in Haft und hatte während der Haftdauer den Scheidungsantrag der Ehefrau erhalten. Diese hielt ihre Ehe für gescheitert. Außerdem hielt sie es für grob unbillig, den Versorgungsausgleichs durchzuführen. Die Ehe wurde vom zunächst zuständigen Amtsgericht geschieden, der Versorgungsausgleich wurde durchgeführt.

Beschwerde beider Eheleute gegen Durchführung der Scheidung

Beide Eheleute legten gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde ein. Der Ehemann war der Ansicht, das Trennungsjahr sei noch nicht vorüber. Die Ehefrau hingegen verteidigte den Scheidungsspruch. Ihre Beschwerde richtete sich gegen Durchführung des Versorgungsausgleiches. Dieser sei grob unbillig und müsse unterbleiben.

Entscheidung des OLG

Das OLG wies die Beschwerden beider Eheleute zurück. Zur Begründung führte der zuständige Senat aus, dass die Scheidung erst nach Ablauf des getrennten Jahres durchgeführt werden könne. In einem Fall jedoch, in dem das Ehepaar nicht gemeinsam lebe, komme es lediglich darauf an, ab wann ein Ehegatte den Trennungswillen des anderen Ehegatten erkennen konnte. Der Trennungswille der Ehefrau sei für den Ehemann deutlich geworden, als ihm der Verfahrenskostenhilfeantrag zum Scheidungsantrag zuging.
Zudem entschied das OLG, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs rechtmäßig ist. Die Ehefrau habe bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung wissen können, dass ihr Mann aufgrund seiner besonderen Situation und der Drogenabhängigkeit nicht mit hohen Rentenanwartschaften rechnen konnte. Auch im Laufe der Ehe habe sich nichts daran geändert.

Stefan Haschka, Fachanwalt für Familienrecht in Augsburg

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