16. Dezember 2019  I  Kategorie: Urteil Haushaltsführungsschaden für die Berechnung des Schmerzensgeldes

Urteil Haushaltsführungsschaden für die Berechnung des Schmerzensgeldes: Als erstes Oberlandesgericht in Deutschland berechnete das OLG in Frankfurt das Schmerzensgeld anhand einer neuen Methode. Diese fungiert taggenau und kalkuliert bei Haushaltsführungsschäden den individuellen Zuschnitt von Haushalten sowie den gesetzlichen Mindestlohn mit ein.

Der Fall – Versicherungsrecht

Ein PKW-Fahrer kollidierte mit dem Motorradfahrer, der die Klage anstrebte. Der Kläger erlitt erhebliche Verletzungen, u.a. eine HWS-Distorsion und einen komplexen Speichenbruch, die Prellung der Bauchwand und andauernde Störungen der Sensibilität der Hand. Ein Fall, wie er auch in Augsburg stattfinden könnte.

Es folgte eine viermonatige Krankschreibung, in seiner Haushaltsführung war er eingeschränkt. Die Haftpflichtversicherung des Autofahrers übernahm den Defekt am Motorrad und zahlte ein Schmerzensgeld von 5.000 EUR.

Der Kläger und sein Rechtsanwalt klagten zudem auf weiteres Schmerzensgeld und einen Ausgleich für den Haushaltsführungsschaden. Das OLG ist davon überzeugt, dass der Beklagte für die Unfallfolgen einstehen muss. Es sprach sich für ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.500 EUR aus, zuzüglich dem geforderten Haushaltsführungsschaden. Der Beklagte legte trotz guter Haftpflichtversicherung Berufung ein.

Der Entscheid – Ihr Fachanwalt für Versicherungsrecht erklärt

Das OLG Frankfurt entschied auf Zahlung des Schmerzensgelds über 11.000 EUR plus Übernahme des Haushaltsführungsschadens von 1.500 EUR.

Berechnungsweise

Das OLG führte aus, das Schmerzensgeld unabhängig von vermögensrechtlichen Schäden und nach Einzelfall zu berechnen. Tabellen anderer Entscheidungen seien daher ungeeignet. Bevorzugt werde die taggenaue Berechnung unter Einbeziehung der jeweils durchgeführten Behandlungsarten und Schadensfolgen. So würden bei langfristigen Beeinträchtigungen höhere Schmerzensgelder anfallen, während diese bei geringeren Beeinträchtigungen niedriger ausfallen könnten.

Die Berechnung fußt auf einem in Prozent ermittelten Tagessatz des durchschnittlichen Bruttonationaleinkommens pro Einwohner und werde mit mit einem Faktor der Schädigungsfolgen multipliziert. Das private Einkommen des Geschädigten ist dabei unrelevant, da nur das Schmerzempfinden zählt. In anderen europäischen Ländern sind solche Rechnungsweisen längst etabliert, so der Fachanwalt für Versicherungsrecht.

Der Haushaltsführungsschaden

Ebenso wenig zufriedenstellend kann auch der Haushaltsführungsschaden über bestehende Tabellen festgelegt werden. Er soll dazu dienen, die Einbußen für die Versorgung des Geschädigten sowie seiner Familienangehörigen auszugleichen. Kosten für die Fremd- und die Eigenversorgung können anfallen und belegt werden. Der Zuschnitt der Haushaltsführung wird aus Tabellen entnommen.

Das OLG stellte fest, dass heutzutage in privaten Haushalten weniger Menschen beschäftigt sind als vormals. Das gilt auch für Augsburg. Die klassische Rollenverteilung zum Beispiel in Bezug auf die Essenszubereitung sei nicht mehr gegeben. Aktuelle Auswertungen des Statistischen Bundesamts erbrachten neue Tabelle, die bezüglich des Haushaltszuschnitts differenzierten, dafür aber das individuell verfügbare Nettoeinkommen berücksichtigen.

Anhand dieser Tabellen kann ein Durchschnittswert für den Stundenaufwand der Haushaltsführung pro Woche von einem Rechtsanwalt ermittelt werden. Er wird mit dem Stundensatz für Haushaltsarbeiten multipliziert, der sich am gesetzlichen Mindestlohn orientiert. In sehr hochwertigen Haushalten kann dieser Betrag entsprechend erhöht werden. Im vorliegenden Fall auf 10 EUR pro Stunde.

Autor des Beitrages: Urteil Haushaltsführungsschaden für die Berechnung des Schmerzensgeldes – Stefan Haschka

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